Angeregt durch einige Fahrtenberichte in der Zeitschrift „Kanusport“ hatten Volker und ich uns für die diesjährige Sommer-Wanderfahrt den Bodensee ausgesucht. Er sollte von uns total umrundet werden.
Ein Tagebuch von Hannelore Anselm
Als erstes ging es darum, Informations- und Kartenmaterial zum See zu bekommen.
Leider gibt es beim Jübermann-Verlag für den Bodensee keinen Tourenatlas, wie wir ihn z.B. für Mecklenburg-Vorpommern kennen (1:75.000). Es gibt nur die Wassersport-Wanderkarte Nr. 3 für Deutschland – Südwest, Maßstab 1:450.000. Aus dieser Karte fotokopierte und vergrößerte Volker den See mehrmals. Jetzt hatten wir zwar eine große Karte, sie war aber nicht sehr aussagekräftig.
Das Deutsche Flusswanderbuch vom DKV gab gute Informationen zum Bodensee. Hier konnte man sehr gut die Entfernungen von Ort zu Ort ablesen.
Übers Internet erfuhr ich vom Bodensee-Kanuring e.V., einem Dachverband aller am Bodensee liegenden Kanuvereine. Der Kanuring macht Vorschläge für die Umrundung des Sees. Es werden die Strecken beschrieben, Kilometer angegeben, Übernachtungsplätze und Vereine genannt. Diese Unterlagen druckte ich mir aus, sie waren eine Hilfe während der ganzen Tour.
Vom Pollner-Verlag erwarben wir das Buch „Kanuwandern am Bodensee“. Ein Kajak- und Urlaubsführer mit Kartenausschnitten und Vorschlägen für Tagestouren.
Außerdem kauften wir später in Konstanz noch eine Radfahrer- und Wanderkarte im Maßstab 1:50.000. Sehr detailliert, aber eben keine Wassersportkarte!
Um 8.00 Uhr starteten wir in Buxtehude. Nach einer Fahrt ohne Staus kamen wir um 16.30 auf dem Gelände des KV in Radolfzell an. Ich hatte uns angemeldet und wir wurden sehr freundlich aufgenommen.
Noch bevor das Zelt aufgebaut war, gingen wir erst mal an den See, zum Steg und zur Einsatzstelle. Der Zeller See erschien mir riesig! Dabei ist er klein im Vergleich zum Obersee. (Aber den kannte ich da ja noch nicht.) Was mir auch gleich auffiel, war die Durchsichtigkeit des Wassers, so klar und sauber! Das hat mich dann die ganze Tour über begeistert. Auch in einiger Entfernung vom Ufer konnte man ins Wasser hineinsehen wie durch Glas, bis auf den Grund. Und dann diese Farbe! Am Ufer, wo es noch etwas flacher ist, sieht das Wasser türkis aus – wie in einem Swimmingpool. Etwas weiter draußen ist es blaugrün und im ganz Tiefen dunkelblau. Ich fand es jeden Tag wieder wunderschön, der totale Gegensatz zu den leicht moorigen und bräunlichen Gewässern in Norddeutschland.
Weil es hier beim Verein keine Restauration gab, gingen wir nach nebenan ins Lokal vom Anglerheim und ließen uns Käsespätzle mit selbstgemachten Röstzwiebeln schmecken. Danach folgte noch ein schneller Spaziergang in die Innenstadt, die zwar sehenswert, aber zu dieser Uhrzeit schon recht ausgestorben war.
Um 22.00 lagen wir, doch etwas geschafft, in den Schlafsäcken.
Gestern Abend war es ganz windstill. Aber als wir heute morgen gegen 7.30 aufstanden, rauschte es in den Bäumen. Es war auch etwas bewölkt, aber nicht kalt.
Um kurz nach 10.00 Uhr paddelten wir los.
Übrigens umrundeten wir den Bodensee mit allen See-Teilen immer entgegen dem Uhrzeigersinn, d.h. wir hatten das Ufer immer rechts von uns.
Mit leichtem Rückenwind und viel blauem Himmel ging es an Iznang vorbei Richtung Horn. Hinter dem Ort Horn steigt das Gelände zu einer Hochebene an. Hier oben steht an ganz exponierter Stelle eine weiße Kirche, die man auch weit vom See aus sehen kann. Das Gebiet hier oben heißt „Die Höri“. Dazu hat uns jemand aus der Gegend erzählt, als Gott dabei war, die Welt und diese Gegend zu erschaffen, hatte er keine Lust mehr und sagte: „Hier hör’i auf.
Bei Horn kamen wir vom Zeller See in den Untersee. Er verengt sich später immer mehr und wird bei dem Ort Stein zum Hochrhein, der dann mit kräftiger Strömung gen Schaffhausen (Rheinfall) fließt. Die nördliche Seite des Untersees gehört zu Deutschland, die südlichen Ufer schon zur Schweiz.
Kurz hinter Horn machten wir unsere Mittagsrast. Dann ging es weiter an der deutschen Seite entlang. Von hier hat man einen sehr schönen Blick auf die am Schweizer Ufer liegenden Städte.
Der Wind kam jetzt von vorn, es hatte sich auch etwas bezogen. Auf der Höhe von Öhningen wechselten wir auf die Schweizer Seite und steuerten einen Campingplatz in Mammern an. Eine kleine Rasenfläche auf einem Plateau, das zur Wasserseite hin von Mauern abgestützt wurde. Ein Betonslip machte es leicht, die Boote aus dem Wasser zu holen. Die Anmeldeformalitäten waren etwas umständlich, ein langes Formular musste ausgefüllt werden. (Auf den später von uns besuchten Schweizer Campingplätzen ging es immer ganz formlos zu). Das Bezahlen in Euro war aber überhaupt kein Problem.
Zum Abend hin wurde es windstiller und, weil die Sonne wieder schien, noch richtig heiß. Wir saßen bis zum Dunkelwerden auf einer Bank am Wasser.
Am Morgen wehte ein kräftiger Wind und ließ die Bäume rauschen, aber auch die dicken Wolken verschwinden. Am späten Vormittag war der Himmel nur noch blau.
Um unser heutiges Ziel, Konstanz, zu erreichen, paddelten wir im Untersee immer am Schweizer Ufer entlang. Der Wind wehte ständig von vorn. Die Strecke von Ermatingen bis zum Beginn des Seerheins vor Konstanz erschien uns endlos. Man konnte so weit sehen, aber das angepeilte Ziel kam kaum näher. Und dann machte sich immer mehr die uns entgegenlaufende Strömung des Seerheins (die Engstelle zwischen Ober- und Untersee) bemerkbar. Das war anstrengendes Paddeln! Aber entschädigt wurden wir durch die herrlichen Ausblicke auf die Ufer, die Hänge, die Berge im Hintergrund.
Gegen 16.00 Uhr erreichten wir den am Seerhein liegenden KC Konstanz. Das Vereinsgelände ist durch eine Asphaltstraße/Weg vom Wasser getrennt. Zeltaufbau im Windschatten einer Hecke, und dann noch mal schnell in die Stadt, um zumindest für den nächsten Morgen die Brötchen zu kaufen.
Auf den ersten Blick erschien uns die Altstadt recht groß. Aber es war schon zu spät, um noch viel zu erkunden. Dafür hatten wir aber den ganzen nächsten Tag eingeplant.
Beim Bootshaus wurde gestern bis in die Nacht hinein ein Geburtstag gefeiert. Also eine etwas unruhige Nacht für uns. Außerdem war auf dem Asphaltweg vor dem Vereinsgelände viel Betrieb mit Fußgängern, Radfahrern und am Wasser sitzenden jungen Leuten. Diese Straße ist eine richtige „Party-Meile“!
Gegen 11.00 Uhr machten wir uns auf den Weg, um Konstanz zu erkunden. Ich war ganz froh, dass wir heute nicht paddeln mussten, denn es stürmte sehr!
Als erstes gingen wir an die Wasserfront, sahen von der Alten Rheinbrücke auf den „Konstanzer Trichter“ und den Obersee. Ich bekam Bauchschmerzen, als ich diese fast unendlich erscheinende Wasserfläche sah, und dazu diese Wellen! Immerzu musste ich an morgen denken, wenn wir weiterpaddeln wollen. Und außerdem war der „Blitzer“ in Betrieb! Darüber hatten wir schon in den Informationen zum Bodensee gelesen:
Es gibt auf dem See einen offiziellen Sturmwarndienst. Dazu sind rings um den See 42 elektrische Blinkfeuer angebracht. Sie sind an hohen Masten befestigt, stehen immer an vorderster Front. Egal, wo man sich auf dem See befindet, ein Blinkfeuer kann man immer sehen. Es sendet orangefarbene Lichtblitze aus. 40 Zeichen in der Minute ist die erste Stufe, 90 Blitze pro Minute die zweite Stufe. Beide Warnungen werden möglichst eine Stunde vor Eintreffen der ersten Böen angezeigt. Sportboote sollten dann sofort den nächsten Hafen oder das nächste Ufer anlaufen.
Der aktive Blitzer in Konstanz zeigte uns also, dass wir heute auf keinen Fall hätten paddeln dürfen!
Kreuz und quer erkundeten wir nun die Altstadt. Sie ist wirklich sehenswert, hat ein gut erhaltenes mittelalterliches Stadtbild. Viele interessante Bauten, die alten Bürgerhäuser, mehrere Stockwerke hoch, das gewaltige Münster, Rathaus, Konzilgebäude, schöne Plätze, Brunnen….. Unsere Erkundungstour führte uns dann an den Hafen, und hier natürlich zu der 9 Meter hohen Statue der Imperia, die die Hafeneinfahrt „bewacht“. Die Statue ist vor einigen Jahren von dem Bildhauer Peter Lenk gestaltet worden und stiftete viel Aufregung bei Bürgern sowie Politikern. (Wie auch die anderen Werke von Peter Lenk, die häufig in Städten rund um den Bodensee zu sehen sind). Die Imperia stellt einen Bezug auf die Erzählungen von Honoré de Balzac zu Zeiten des Konstanzer Konzils dar. Sie ist ein barbusiges Freudenmädchen, das provozierend den Pabst in der einen, den König in der anderen Hand hält. Die riesige Statue dreht sich ganz langsam, so daß man sie, egal wo man steht, von allen Seiten betrachten kann.
Am Yacht- und Fährhafen war richtig viel Betrieb. Fähren kamen an oder legten ab. Im von Kaimauern geschützten Hafenbereich war das Wasser ruhig. Wenn man hier auf der Bank saß, konnte man sich nicht vorstellen, wie es draußen auf dem See wogte! Fußgänger und fahrradschiebende Personen bewegten sich in beiden Richtungen an der Wasserfront. Das Wetter war herrlich. Der Wind wehte, aber der Himmel war total blau. Richtiges Pfingst- und Urlaubswetter!
In unmittelbarer Nähe lag auch der Bahnhof von Konstanz. Und gleich dahinter die Grenze zur Schweiz.
In einem Internet-Café fragten wir den Wetterbericht für die nächsten Tage ab. Es sah positiv aus, der starke Wind würde sich legen.
Mit runden Füßen und lahmen Beinen kehrten wir abends zum Zelt zurück.
Es war eine ruhige Nacht, auch die Bäüme rauschten kaum noch. Wir waren morgens sehr schnell mit dem Abbauen und Einpacken fertig. Aber dann fehlte der Schlüssel vom Vereinsgebäude, den wir noch abgeben mußten! Ich hatte ihn nicht bei mir, wußte aber auch nicht, wo er sein könnte. Also holte Volker das Zelt wieder aus der Luke und entrollte es. Der Schlüssel fand sich dann genau da an, wo wir ihn immer aufgehängt hatten: an der Seite vom Innenzelt!
Um 10.20 Uhr starteten wir auf dem recht ruhigen Wasser des Seerheins Richtung Alte Rheinbrücke. Kaum waren wir hier unter der Brücke hindurch und auf dem Obersee, im Konstanzer Trichter, traf uns der Wind mit voller Wucht. Das Wasser war mächtig bewegt! Aber der Blitzer war nicht mehr aktiv, das beruhigte mich ein bißchen. Es ging an der Hafenausfahrt mit der Imperia vorbei. Das kabbelige Wasser und die ein- und ausfahrenden Fähren erforderten unsere volle Aufmerksamkeit. So ging es den ganzen Tag weiter, Wind von vorn, heftiger Wellengang. Sehr unangenehm waren die Uferbereiche mit Mauern wegen der starken Reflexionswellen. Hier auf der Schweizer Seite gab es viel häufiger befestigte Ufer als auf der deutschen Seite.
Die Wellen hatten Schaumkronen, es war ein mühsames Paddeln, wir schafften ca. 3,5 km/h. In einem kleinen Hafen bei Güttingen machten wir um 14.00 Uhr Mittagsrast. Unser Ziel für diesen Tag war eigentlich Romanshorn, mit Kanuverein und Zeltmöglichkeit. Aber wegen des bewegten Wassers war es unmöglich, dort auszusteigen. Der Steg war immer unter Wasser, die Wellen rollten von der Seite an. Ein Öffnen der Spritzdecke hätte uns sofort eine Riesenladung Wasser ins Boot beschert.
Also weiter! Unsere Karte verzeichnete in einiger Entfernung, in Egnach, einen Campingplatz, den wir nun anpeilten.
Man konnte den Platz vom Wasser aus nicht sehen, aber man rief uns auf Fragen zu, ja, hier wäre ein Campinglatz. Aber wie an Land kommen? Volker sah einen Betonslip neben einer hohen Mauer. Erst nach dem dritten Anlauf schaffte er es, mit Paddeln und Wellenschub weit hinaufzufahren. So konnte er einigermaßen trocken aussteigen. Ich machte es ihm nach, Volker zog mich noch ein Stück höher, da konnte ich sogar trockenen Fußes aussteigen.
Der Campingplatz lag mindestens 500 m vom Wasser entfernt. Es ging eine leicht ansteigende Asphaltstraße hinauf. Unsere beiden Bootswagen leisteten gute Dienste. Und es war heiß! Auf dem Wasser mit dem kräftigen Wind hatten wir das garnicht bemerkt. Jetzt kamen wir total ins Schwitzen. Problemlosens Anmelden, danach rollten wir die Boote auf die Zeltwiese. Es war ja Pfingsten und sie war proppevoll, die Zelte standen sehr eng. Aber irgendwie fanden wir noch einen Platz für Zelt und Boote. Dann Essen kochen, abwaschen, duschen, Tagebuch schreiben – der Abend war ausgefüllt. Es war schon fast dunkel, als wir gemütlich bei einem Glas Rotwein saßen. Wir hatten beide das Gefühl, als ob der Boden unter unseren Füßen schwankte – das kam aber nicht vom Rotwein!
Trotz des vollen Platzes mit so vielen Menschen war es in der Nacht sehr still. Um 7.00 Uhr wurde es schon heiß im Zelt. Als wir mit den Booten wieder ans Wasser kamen, trauten wir unseren Augen kaum: glatt wie ein Ententeich! Das war richtig angenehmes Paddeln, trotz der Hitze, der Himmel war nämlich nur blau. Es ging weiter am Schweizer Ufer antlang, an Arbon und Rorschach vorbei. Der Blick über den riesigen See war immer wieder wunderschön. Wir kamen sehr gut voran und erreichten gegen Mittag die Mündung des Alten Rheins, der hier, aus den Alpen kommend, in den Bodensee mündet.
Der Alte Rhein und das Rheindelta sind seit 1976 Naturschutzgebiet und sind nur vom 16.5. – 30.9. fünf Kilometer aufwärts befahrbar.
Hier an der Mündung liegt eine riesige Marina mit unzähligen Bootsstegen und einem großen Restaurant und, wie wir später sahen, ein weitläufiges Gebiet mit Wochenendhäusern.
Wir paddelten in einen kleinen, für Motorboote gesperrten, Wasserlauf hinein und kamen gleich darauf zu einem Holzsteg. Daneben lag ein eingezäuntes Gründstück mit einem sehr schönen Wochenendhäuschen, auf der Terrasse Mann und Frau beim Kaffeetrinken. Wir fragten an, ob wir hier am Steg aussteigen könnten, um unsere Mittagsrast zu machen. Sofort bekamen wir ein freundliches „ja, natürlich“ zu hören. Und ein paar Minuten später kamen wir schon mit den beiden Schweizern ins Gespräch, weil sie sehr interessiert waren und viel über die Boote, die Ausrüstung und unsere Reise wissen wollten. Sie luden uns zu einem Kaffee auf ihrer Terrasse ein und gaben uns noch Tips, wir wir zum Campingplatz kommen würden.
Leider fanden wir den Platz nicht, den man uns beschrieben hatte. Also fuhren wir weiter den Alten Rhein aufwärts, weil in unserer Karte noch zwei Campingplätze verzeichnet waren. Irgendwann ging Volker an Land. Die Stelle war zum Aussteigen nicht so optimal, aber er konnte von hier die Gegend erkunden. Ein Campingplatz wurde gefunden. Er lag aber nicht am Wasser, deswegen konnten wir ihn vom Boot aus auch nicht sehen. Mit Wasserwanderern hatte man hier wohl nicht gerechnet.
Für unsere Mühe wurden wir dann aber belohnt: ein echter Schweizer Campingplatz, gepflegt bis zum letzten Grashalm und sogar mit einem kleinen Pool! Auf der Rasenfläche stand unser Zelt erst ganz allein, später kam noch ein Wohnmobil dazu.
Auf diesem Platz fielen uns zwei Schilder auf: Bitte vorwärts parkieren (für parken). Und Campinggäste wurden hier Campeure genannt.
Mit Baden und Lesen verbrachten wir diesen sonnigen Nachmittag. Später gingen wir spazieren und sahen uns bei der großen Marina um. Da fanden wir dann auch den Zeltplatz, den man uns vorgeschlagen hatte. Ja, eine schöne Zeltwiese. Gehört zur Marina, man muß sich an den Hafenmeister wenden. Aber leider gibt es für Kajakfahrer keine Möglichkeit, aus dem Wasser zu kommen!
Plötzlich lief uns wieder das Schweizer Ehepaar über den Weg. Sie luden uns nochmals zu sich und einem Glas Wein ein. Wir unterhielten uns gut, bis Volker und ich uns gegen 18.00 Uhr wieder auf den Weg zu unserem Campingplatz machten Volker wollte nämlich noch kochen.
Nach dem Abendessen gingen wir noch ein Stück auf dem Spazierweg rheinaufwärts. Es ist eine ganz besondere Natur hier am Fluss, Wildnis,Dschungel und Urwald.
Nach einer ganz ruhigen Nacht auf diesem gepflegten Platz starteten wir am nächsten Vormittag bei schönem Wetter. Aber vorher gab es noch Frühstück mit den teuersten Brötchen unserer ganzen Tour: 4 Stück, zwei weiße und zwei dunkle, für 3,75 Euro! Dabei war die Gebühr für den Platz nicht teurer als in Deutschland.
Das Wasser war kaum bewegt. Wir paddelten um die Spitze von Rohrspitz herum und dann auf die Mündung des (kanalisierten) Rheins zu. Zwei parallel verlaufende Dämme leiten den Rheinkanal weit in den Bodensee hinaus. Beim Überqueren der Mündung überraschte uns die milchige Färbung des Rheins. Als wir die Hände eintauchten bemerkten wir, wie eiskalt das Wasser war! Es ist Gletscherwasser, kommt direkt aus den Alpen.
Weil das Wetter so herrlich, der Wind so schwach war und wir eine ausgezeichnete Sicht auf Lindau hatten, paddelten wir direkt zur Stadt hinüber, ohne die weite Bregenzer Bucht auszufahren. Beim Kanuverein bauten wir unser Zelt auf. Am Nachmittag machten wir einen ausgiebigen Bummel durch die Altstadt und an der Wasserfront entlang.
Nach Lindau war Friedrichshafen unsere nächste Station. Bei zum Glück wieder ruhigem Wasser – Genußpaddeln! – ging es an Wasserburg, Nonnenhorn und Langenargen vorbei. Immer wieder begeisterte uns der Blick aus unserer Perspektive auf die vom Ufer aus ansteigenden Städte. Beim Kanuverein westlich von Friedrichshafen fanden wir einen Platz zum Zelten (wir waren die einzigen) und ein Gebäude mit tollen Sanitäranlagen vor. Es war heute wieder ein sehr heißer Tag. So badeten wir zur Abkühlung als erstes im See, noch bevor das Zelt aufgebaut wurde. Später machte sich Volker auf den Weg zu einem Supermarkt in der Nähe und kam mit vielen leckeren Sachen fürs Abendbrot zurück.
Mit Mitgliedern vom Verein saßen wir dann auf einer Bank am Wasser, klönten und genossen den Abend mit Blick auf die Schweizer Berge, bis die Sonne untergegangen war.
Morgens war es erst bedeckt, aber schon bald wurde es immer schöner, nur blauer Himmel. Um 10.00 Uhr waren wir auf dem Wasser. Die meiste Zeit war der See ganz ruhig und glatt, also wieder richtiges Genußpaddeln!
Es ging an Meersburg vorbei. Eine sehr schöne Stadtansicht. So vom Wasser aus hat man den totalen Gesamtblick. Unsere volle Aufmerksamkeit erforderten die großen Autofähren, die in ganz kurzen Abstanden zwischen Meersburg und Konstanz verkehren und die Passagierschiffe, die von hier zur Rundfahrt starten.
Inzwischen hatten wir den Obersee verlassen und befanden uns im Überlinger See. Unser Ziel an diesemTag war die Stadt Überlingen, und dort, östlich der Altstadt, der Paddel-Club.
Aber vorher passierten wir noch das Pfahlbauten-Freilichtmuseum in Unteruhldingen. Wir betrachteten es nur vom Wasser aus. Begibt man sich aber von Land aus in das Museum, kann man bei einer Führung viel über das Leben in der Stein- und Bronzezeit erfahren.
Beim Paddelclub in Überlingen herrschte am Nachmittag, als wir ankamen, reger Trainingsbetrieb. Wir fanden ein schönes Gelände vor, wurden sehr freundlich aufgenommen. Die Sanitäranlagen waren prima und wir konnten sogar in der Küche den Kühlschrank benutzen. Das war ideal für unsere Lebensmittel, denn hier in Überlingen wollten wir zwei Nächte bleiben.
Heute vormittag starteten wir zu der Umrundung des Überlinger Sees, diesmal ohne großes Gepäck, nur mit Picknick-Brot und Badezeug. Ich fand es mal sehr angenehm, ohne Zeltabbau und Packerei loszupaddeln!
Um 9.35 Uhr saßen wir in den Booten und fuhren quer über den See an das andere Ufer bei Dingelsdorf. Das Wetter war wieder herrlich, viel Sonne, kaum Wind.
Diese Seite des Überlinger Sees hatte man uns besonders empfohlen. Und zu Recht, denn hier ist es landschaftlich besonders reizvoll. Die Ufer steigen steil an, sind mit Laubbäumen bewachsen. Wegen der steilen Ufer gibt es keine Ortschaften, dafür aber im See den „Teufelstisch“. So wird eine Felsformation genannt, die sich wie ein „Tisch“ viele hundert Meter am Ufer entlangzieht. Das Plateau liegt aber ca. 2 – 3 m unter Wasser und reicht vom Ufer bis zu 15 m weit in den See hinein. Es ist faszinierend, mit dem Boot über dieses Felsplateau zu gleiten. Das Wasser ist so klar, man schaut hindurch und hat unter sich den hellbeigefarbenen Felsentisch. Entfernt man sich aber vom Ufer, so kommt man an den Rand, an die Abbruchkante der „Tischplatte“. Plötzlich wird das Wasser dunkelblau und man sieht nur noch in unergründliche Tiefe. Das ist richtig ein bißchen unheimlich!
Dieses Gebiet war ein beliebtes, aber auch sehr gefährliches Tauchrevier, in dem es immer wieder zu schweren Unfällen kam. Es gibt dort sehr kalte und starke Strömungen, die es wirklich in sich haben. Deshalb ist das Tauchen jetzt nur noch auf einem sehr begrenzten Stück erlaubt und ab 40 Metern Tiefe besteht ein absolutes Tauchverbot.
Nach einiger Zeit erreichten wir den Ort Bodmann, der schon fast am Ende des Überlinger Sees liegt. Unterwegs hatten wir am Ufer immer wieder schöne kleine Badestellen gesehen. In Bodmann machten wir unsere Mittagsrast und dann paddelten wir durch die große Bucht vor Ludwigshafen. Nun waren wir schon wieder auf der Nordseite des Sees. Plötzlich kamen wir merkbar schnell voran. Vorher hatten wir manchmal das Gefühl gehabt, wie „festgeklebt“ zu sein. Wahrscheinlich sind das die Strömungen, die besonders in diesem See auftreten. An einem kleinen Kiesstrand gab es noch eine Badepause und danach paddelten wir erfrischt nach Uberlingen zurück.
Es war erst Nachmittag und so machten wir uns zu Fuß auf den Weg in die Innenstadt von Überlingen. Der Weg führte immer am Wasser entlang. Eine schöne Promenade, sehenswerte alte und neuere Häuser, überall Lokale mit Aussenplätzen. Viele Blumenrabatten und sogar Palmen! Fast schon mediterran, fanden wir!
Nachdem wir kreuz und quer durch die Altstadt gebummelt waren, meldete sich der Hunger. Auf der Terrasse des Yachthafen-Restaurants in der Nähe des Paddel-Clubs ließen wir uns ein leckeres Abendessen schmecken.
In der Nacht regnete es kräftig. Morgens war es erst trocken, aber als wir einpackten und die Boote beladen mussten, ging es mit dem Regen wieder los. Wir haben zwar die Möglichkeit genutzt, die Boote durchs Vorzelt zu ziehen und so vor Regen geschützt die einzelnen Luken zu beladen. Selbst das Innenzelt wurde ausgeknöpft und trocken eingepackt. Aber zum Schluß bleibt dann immer das nasse Außenzelt. Das bauten wir als letztes ab und transportierten es zusammengerollt auf Deck. Es regnete auch, als wir in die Boote stiegen. Das ist immer am unangenehmsten.
Bei leise fallendem Regen und total glattem Wasser begannen wir die Etappe nach Konstanz. Zuerst überquerten wir den Überlinger See in Richtung Dingelsdorf. Auf dieser Seeseite ging es nun weiter, an der Insel Mainau vorbei. Inzwischen hatte der Regen aufgehört, was uns ganz glücklich machte. Beim Fährhafen von Konstanz (Staad) war wieder volle Aufmerksamkeit gefordert, weil wir hier den Kurs der Autofähren von und nach Meersburg kreuzten.
Im Konstanzer Trichter war das Wasser genauso bewegt und kabbelig, wie wir es am Anfang unserer Tour schon kennengelernt hatten. Erst als wir die Alte Rheinbrücke passiert hatten und uns auf dem Seerhein befanden, wurde es ruhiger.
Als wir gegen 14.00 Uhr beim Kanuverein ankamen, begann es zu schütten! Im strömenden Regen stiegen wir aus, brachten die Boote aufs Gelände. Jetzt warteten wir auf eine trockene Stunde mit etwas Sonne, um erst mal das nasse Außenzelt aufzubauen und zu trocken. Unser Wunsch wurde erfüllt, Aufbauen und Einrichten waren erledigt, bevor der nächste Regenguß kam. Inzwischen war es unangenehm kühl geworden, wir fröstelten. Da kam uns das direkt nebenan liegende urige Lokal von den Naturfreunden gerade recht. Hier war es warm und trocken und es gab ein anständiges Schnitzel mit Pommes!
Als wir um 21.00 Uhr in den Schlafsäcken lagen, goß es schon wieder.
Der nächste Morgen zeigte sich freundlich, mit Wolken und etwas Sonne. Also eigentlich ein idealer Paddeltag, so empfanden wir es. Es sollte heute die letzte Etappe unserer Bodensee-Umrundung werden, wir wollten am Nachmittag an unserem Ausgangsort, Radolfzell, eintreffen. Aber der Mensch denkt, und Gott lenkt!
Erstmal ging es durch den Seerhein, diesmal mit der Strömung. Am großen Natur- und Vogelschutzgebiet Wollmatinger Ried entlang fuhren wir auf die Insel Reichenau zu. Jetzt sahen wir plötzlich am Schweizer Ufer in Ermatingen den aktiven Blitzer. Erst dachten wir, er hätte einen Defekt, denn das Wasser war ganz ruhig und das Wetter schön. Als wir den Damm zur Insel Reichenau unterquert hatten, blitzte am deutschen Ufer, in Allensbach, ebenfalls das Warnlicht. Jetzt glaubten wir wirklich, dass schlechtes Wetter und Sturm kommen würden. Sofort fuhren wir auf kürzestem Wege an das gegenüberliegende Ufer und nicht, wie wir es eigentlich vorgehabt hatten, an der Insel Reichenau entlang bis zur Nordspitze und dann erst an das Ufer nach Allensbach. Innerhalb von 2 Stunden, nachdem wir den ersten Blitzer bemerkt hatten, änderte sich das Wetter total. Dicke Wolken türmten sich auf, sie wurden immer dunkler. Der Wind (von vorn) entwickelte sich zum Sturm mit sehr starken Böen. Für kurze Zeit peitsche der Regen über den See. Erst kamen wir nur noch mühsam voran, aber nachdem wir an Allensbach fast vorbei waren, schafften wir trotz angestrengtem Paddeln keinen Meter mehr, wir paddelten nur noch auf der Stelle. Wir mussten unbedingt an Land kommen! Das war zuerst nicht möglich, denn die Grundstücke, die hier bis an den See heranreichten, hatten kleine Mauern als Schutz gegen das Wasser. Dann kam ein Grundstück mit einem Kiesstrand, dahinter leicht ansteigender Rasen. Im Hintergrund ein sehr modernes Haus, was aber etwas unbewohnt aussah. Hier machten wir unsere „Notlandung“. Volker klingelte an der Eingangstür, aber niemand öffnete. Kurz darauf sahen wir auf dem Nachbargrundstück eine ältere Frau. Wir sprachen sie an und erklärten ihr unsere Lage. Sie war überraschend freundlich und meinte, die Nachbarn würden für einige Tage nicht kommen. Sie würde es „auf ihre Kappe nehmen“, wenn wir dort zelten müssten. Wir hätten auch auf ihrem Grundstück übernachten können, aber es wäre sehr schwierig gewesen, dort mit den Booten anzulanden und auf den Rasen zu gelangen.
Gegen 14.00 Uhr waren wir angekommen, um 17.30 Uhr fingen wir an, das Zelt aufzubauen. Denn es stürmte immer noch und der Blitzer (an der Spitze von Reichenau direkt uns gegenüber) war auch weiterhin aktiv. Die freundliche Nachbarin schaute nochmals zu uns, bot uns auch an, bei ihr am Gartenschlauch Wasser zu holen. Das war nämlich das einzige, was uns in größerer Menge fehlte. Als kleines Dankeschön luden wir sie am Abend zu einem Glas Rotwein ein.
Unser Zelt stand jetzt im Windschatten einer großen Hecke und wir hatten einen herrlichen Blick auf den See und die Insel Reichenau. Spät am Abend ging sogar der Blitzer aus, das ließ uns für den folgenden Tag hoffen. Meine Befürchtung, die Besitzer des Hauses könnten noch kommen, traf nicht zu, sodaß wir eine ganz ruhige Nacht hatten.
Am nächsten Morgen, wir trauten unseren Augen kaum, war das Wasser glatt wie im Ententeich. Wir genossen das Paddeln und ließen uns richtig viel Zeit, hatten wir doch heute nur die Hälfte der eigentlich letzten Etappe vor uns. Es ging quer über den Gnadensee, an der Mettnauspitze mit dem großen Vogelschutzgebiet vorbei. Dann paddelten wir ganz genüsslich an der Wasserfront von Radolfzell vorbei und kamen gegen Mittag beim Kanuverein an.
Wir fühlten uns gleich heimisch, denn hier waren wir ja vor fast zwei Wochen gestartet.
Am Nachmittag machten wir einen ausgiebigen Stadtbummel durch die Altstadt von Radolfzell. Wir kamen gerade zum Zelt zurück, als die ersten Regentropfen fielen. Der Tag war schon sehr schwül-heiß gewesen, jetzt gewitterte und regnete es.
Am nächsten Tag fuhren wir noch nicht nach Buxtehude zurück. Mit unserem Auto, das uns ja jetzt wieder zur Verfügung stand, machten wir eine Tour über Land. Was uns besonders interessierte, war der Rheinfall in Schaffhausen. Von Radolfzell aus fuhren wir am Untersee auf der deutschen Seite Richtung Stein am Rhein. Vorher machten wir einen Abstecher zu der Kirche von Horn, die weit oberhalb des Ortes liegt und die wir am ersten und zweiten Tag unserer Paddeltour immer vom Wasser aus gesehen hatten
Der Rheinfall begeisterte uns total. So etwas gewaltiges! Wir gingen den ausgeschilderten kleinen Panoramaweg und hatten so von wechselnden Stellen immer neue Ausblicke auf den Wasserfall.
Von Schaffhausen ging es wieder Richtung Untersee, diesmal aber am Schweizer Ufer entlang. Wir kamen auch durch Mammern, wo wir unsere allererste Übernachtung hatten.
Über Konstanz ging es, mit einem Abstecher zur Insel Reichenau, nach Radolfzell zurück.
Am nächsten Tag hieß es dann aber wirklich Abschied nehmen von dieser wunderschönen Gegend. Die Landschaft, die weite Sicht über den See, die Berge im Hintergrund, das klare Wasser des Bodensees, die schönen Campingplätze und freundlichen Kanuvereine – alles hat uns sehr gut gefallen! Wir werden gern an diesen Urlaub zurückdenken!
28.5 von Radolfzell bis Öhningen/Mammern 22 km
29.5 von Mammern bis Konstanz 20 km
31.5 von Konstanz bis Egnach 22 km
1.6 von Egnach bis zum Alten Rhein aufwärts 18 km
2.6 vom Alten Rhein bis Lindau 23 km
3.6 von Lindau bis hinter Friedrichshafen 26 km
4.6 von Friedrichshafen bis Überlingen 25 km
5.6 auf dem Überlinger See 25 km
6.6 von Überlingen bis Konstanz 20 km
7.6 von Konstanz bis Allensbach 10 km
8.6 von Allensbach bis Radolfzell 12 km
Insgesamt 223,0 km